COVID-19: Der große PR-Stimmungscheck Die Ausbreitung des Coronavirus und die damit einhergehenden Maßnahmen legen das öffentliche Leben und große Teile der Wirtschaft lahm. Davon ist auch die Kommunikationsbranche betroffen. »OBSERVER« hat für das hauseigene O.VATION-Magazin die Geschäftsführer österreichischer PR-Agenturen gefragt, was die akuten Auswirkungen sind und wie sie die Folgen dieser Ausnahmesituation einschätzen. „Wir waren schon vor COVID-19 gut aufgestellt und sind das remote Arbeiten gewohnt. So konnten wir als First Mover schon vor vielen anderen reagieren und mussten unsere Arbeitsweise nicht groß anpassen. Das war und ist gut für unser ganzes Team und für die Arbeit für unsere Kunden. Unternehmensseitig sind viele noch mit der Optimierung der internen Neuorganisation beschäftigt. Wir können hier sehr gut unterstützen und sind als Berater und Support voll im Einsatz. Wie sich die Situation mittel- und langfristig auswirkt, ist schwer zu sagen. Was man meiner Einschätzung nach jetzt schon spürt, ist, dass eine neue, rücksichtsvollere Form des Zusammenarbeitens und Zusammenlebens entsteht. Das sehe ich als sehr positiv und als Licht am Horizont.“ (Saskia Wallner, Ketchum Publico) „Gerade in einer Ausnahmesituation, wie wir sie derzeit haben, war und ist es uns wichtig, proaktiv auf unsere Kunden zuzugehen. Hatten wir zunächst noch grundsätzliche Empfehlungen übermittelt, sind wir nun bereits in regem Austausch mit unseren Kunden und Partnern und natürlich in der individuellen Beratung zu den unterschiedlichsten Fragestellungen in der internen und externen Kommunikation. Und es hat sich einmal das Bild bestätigt, das wir aus der Erfahrung kennen: Kommunikation ist unglaublich dynamisch, und sie ist individuell sehr unterschiedlich. Ein starker Fokus ist nun auf die interne Kommunikation und die Strategieberatung gerückt, teilweise managen wir für manche unserer Kunden erfolgreich die Krisenkommunikation. Der Eventbereich ist derzeit sicher der unsicherste – hier müssen wir auf Sicht fahren und beraten unsere Auftraggeber, wie nun individuell mit der Situation bei längerfristig geplanten Veranstaltungen umzugehen ist. In der B2C-Kommunikation arbeiten wir an Updates oder Modifikationen bestehender Konzeptionen – man muss jetzt den Mut haben, die Dinge neu zu denken. Einige geplante Launches oder Kampagnenstarts sind ebenfalls verschoben, teilweise muss die klassische Werbung völlig eingestellt werden und auch in der Medienarbeit machen viele geplante Themen momentan einfach keinen Sinn. Aber wir nutzen die Zeit bereits auch zur Vorbereitung für die Zeit nach Corona – denn diese wird aus Kommunikationssicht sehr intensiv werden und der Weg zurück zum normalen Tagesgeschäft wird vor allem für den Kommunikationsbereich viele Aufgaben bereithalten, die wir jetzt schon vorbereiten können.“ (Christian Krpoun, Currycom) "Die Situation ist einzigartig und sehr herausfordernd. Innerhalb von wenigen Tagen sind beinahe alle Aufträge gestoppt oder verschoben worden. Mittlerweile sind alle KollegInnen bei uns im Home-Office. Was unsere Kunden dafür nun brauchen sind strategische Kommunikationsberatung und Krisenkommunikation. Hier haben wir mehrere Anfragen und mittlerweile Aufträge. Unterm Strich ist noch nicht klar, ob wir wirtschaftlich diese Zeit unbeschadet überstehen. Ich als Geschäftsführer freue mich aber, dass wir ein sehr motiviertes und flexibles Team haben. Auch im Home-Office probieren alle voll mitzuziehen." (Martin Dechant, ikp Vorarlberg) „Ich habe in den letzten Tagen mit vielen Geschäftsführern telefoniert. Die Auswirkungen auf die Unternehmen sind zum Teil dramatisch. Natürlich gibt es Branchen, die von der Krise profitieren. Das sind vor allem der Lebensmitteleinzelhandel, die Logistik in der Nahversorgung und der Healthcare-Bereich. Erhöhten Kommunikationsbedarf haben aber alle Organisationen. Generell zeichnet sich ein Bild ab, das mich nicht unbedingt positiv stimmt. Ich gehe davon aus, dass sich die Krise noch länger ziehen wird, als es sich viele erhoffen. Konkret sind seit letzter Woche einige sicher geglaubte Neukunden aufgrund der Entwicklungen abgesprungen. Die ambitionierten Wachstumspläne für 2020, die bis vor kurzem noch realistisch waren, sind längst der neuen Realität gewichen.“ (Anonym) "Grundsätzlich sind wir noch in der ersten Phase der Krise. Viele Unternehmen waren vom Ausbruch komplett überrascht bis schwer geschockt. Erst durch die Maßnahmen der Behörden wurde klar, welch dramatische Veränderungen nun anstehen: einerseits die völlige Stilllegung jeglicher Produktion, andererseits die Verlegung der Unternehmens-Organisation/Verwaltung von den Bürostandorten in die Home-Offices. Daher sind wir im Moment noch mit viel Chaos und Desorganisation konfrontiert. Wir konzentrieren uns bei den Kunden darauf, Orientierung zu geben und die Prioritäten zu klären, was jetzt in welcher Reihenfolge zu tun ist. Bei uns selbst ist die Umstellung auf Home-Office planmäßig verlaufen, bei manchen Kunden wird die interne Kommunikation gerade erst hergestellt. Die Folgen lassen sich im Moment noch nicht seriös abschätzen. Alles hängt von der Dauer der Krise ab. Im Moment kann man aber sagen, dass die österreichischen Behörden mit ihrem schnellen Eingreifen und klaren, professionell wirkenden Maßnahmen sehr geholfen haben, die große Panik zu verhindern. Es entsteht gerade so etwas wie die erste Phase der Konsolidierung. Wir versuchen mit unseren Kunden das mögliche Ausmaß abzuschätzen und unterschiedliche Szenarien durchzuspielen." (Eva Mandl, Himmelhoch) „Was die akuten Auswirkungen der Corona-Krise betrifft, so gibt es da oder dort betroffene Unternehmen in der Hotellerie und Gastronomie, gleichzeitig erreichen uns aber aus anderen Branchen sogar verstärkt Anfragen. Während viele Betriebe derzeit nicht persönlich mit ihren Stakeholdern und Zielgruppen kommunizieren können, ist professionelle PR ein weiterhin funktionierendes Mittel und Medienberichterstattung oft die einzige Möglichkeit, effektive Kommunikation sicherzustellen. Zudem besinnen sich gerade in Krisenzeiten viele Menschen wieder vermehrt auf klassische Medien und wissen die Informationsqualität journalistischer Berichterstattung zu schätzen.“  (Nikolaus Pjeta, Fullstop Communication) "Der Kommunikationsbedarf ist seit Ende Februar sehr hoch - wir haben die Krisenvorbereitung für die allermeisten Kunden bereits frühzeitig abgewickelt und sind jetzt dabei, je nach Fortschritt der Maßnahmen zu adaptieren, aktualisieren und evaluieren. Sämtlichen Kunden war klar - manchmal ehrlicherweise erst durch deutliche Empfehlung durch uns -, dass sie kommunizieren und informieren müssen, um Reputationsschäden zu verhindern. Kunden aus Bereichen wie Handel, Tourismus, Gastro mussten ihre Betriebe schließen und haben daher herausfordernde Zeiten. Bei anderen, z.B. aus den Bereichen Healthcare, Beratung, Industrie tun sich aber gleichzeitig neue Themen und Aktivitäten auf. Grundsätzlich sind normale day-to-day Aktivitäten momentan hintangestellt und alles dreht sich um Corona und Krisenkommunikation. Ohne Glaskugel sind die Auswirkungen derzeit noch nicht abschätzbar - aber wir gehen davon aus, dass auch unternehmensnahe Dienstleister wie wir nicht ganz mit heiler Haut herauskommen. Wir bleiben positiv und vertrauen auf die breite Streuung unserer Kunden und unsere Expertise gerade in Krisenkommunikation." (Susanne Hudelist, ikp Wien) "Die Solidarität ist geheuchelt. Niemand hält sich zum Wohle eines anderen an die Maßnahmen. Die Menschen sind im Überlebensmodus. Das ist zwar angesichts der Lage irrational, aber auch zutiefst menschlich. In der Branche ist es nicht anders und jeder fürchtet um seine eigenen Umsätze. Zu sagen, es bliebe ohne Folgen, wäre naiv. Aber der Branche geht es ja nicht schlecht. Wer jetzt Stellen abbaut, nimmt die Krise nur als einen Vorwand. Agenturen, die gut aufgestellt sind und cool bleiben, werden die Krise auch ohne langfristige Umsatzeinbußen und personelle Konsequenzen durchtauchen können." (Anonym) "Da die Auswirkungen für die Branche und einzelnen Agenturen, die insgesamt aber sicher keine positiven sein werden, noch gar nicht abschätzbar sind, halte ich mich mit längerfristigen Prognosen zurück. Wir betreuen und unterstützen unsere langjährigen Kunden auch in dieser für alle schwierigen Zeit weiterhin. Es gibt viel zu kommunizieren und neu zu planen, aber natürlich fällt durch Veranstaltungs- und Kampagnen-Absagen auch Umsatz weg. In ein paar Wochen wissen wir alle mehr. Dann heißt es: „Aufstehen, Krönchen zurecht richten, aus der Krise lernen und mit mehr Power denn je weiter arbeiten." (Jürgen Gangoly, The Skills Group) „Die ersten drei Tage waren Panik, bis sich alle auf die Situation einstellen konnten. Das Geschäft war in dieser Zeit mausetot. In dieser Zeit war es unseren Kunden nur wichtig, dass wir im Falle des Falles einsatzfähig sind. Inzwischen zieht das Geschäft langsam wieder an und die Kommunikation kommt in Fahrt, das ist auch nötig. Die mittel- und langfristigen Folgen kann ich derzeit nicht abschätzen. Ich denke aber, dass es zumindest keine dramatischen Einbrüche oder Rückgänge geben wird.“ (Werner Beninger, Milestones in Communication) „Über 95% der Unternehmen sind von der Krise schon jetzt hart getroffen. Das wird sich definitiv auch auf unsere Branche auswirken. Ich sehe punktuell Chancen im Neukunden-Bereich, insbesondere bei Anbietern von Digitalisierungs-Lösungen wie z.B. Lern-Apps, Tarif-Vergleichen, E-Commerce oder Videokonferenz-Tools. Gleichzeitig gibt es nichts zu beschönigen. Viele Firmen erleben gerade massive Umsatzeinbrüche. Das wird sich für die Agenturbranche insbesondere darin auswirken, dass noch mehr Leistung für gleichbleibende oder niedrigere Budgets gefordert werden wird. Die Coronavirus-Krise wird nicht nur die Art und Weise, wie wir in Zukunft miteinander arbeiten und kommunizieren, für immer verändern, sondern auch dafür sorgen, dass jene Agenturen gestärkt werden, die sich am schnellsten an die neue Marktsituation anpassen können.“ (Thomas Reiter, Reiter PR) "Wir haben bereits deutlich vor Bekanntgabe der Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung zur Eindämmung der COVID-19-Verbreitung den Betrieb aus Rücksicht auf unser Team ins Home Office verlagert. Durch den hohen Digitalisierungs- und Technologisierungsgrad sind wir von Haus aus auf Mobile Working eingestellt. Es ist fixer Bestandteil unseres Arbeitsalltags. Flexibel auf (Ausnahme-)Situationen zu reagieren und auch Kommunikationspotenziale zu heben, gehört zum Kerngeschäft in der PR." (Alexander Khaelss-Khaelssberg, Leisure Communication) Hier geht es zum Artikel auf ovationmagazin.com